Diskussion über religiöse Symbole auf der Richterbank

München. Unter dem Titel „Kopftuch, Kippa, Ordenstracht – Richter im Gewand ihrer Weltanschauung“ diskutierte auf Einladung von DRB und Bayerischem Richterverein der bayerische Justizminister Winfried Bausback mit Vertretern aus Wissenschaft und Justiz über die Frage, ob das Tragen religiös oder weltanschaulich konnotierter Kleidungsstücke im Sitzungssaal mit dem Bild eines neutralen Richters in Einklang zu bringen ist. Zu der hochaktuellen Veranstaltung, die auf den Tag der Veröffentlichung eines Eilbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts zum hessischen Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen im Sitzungsdienst fiel, konnte die Vorsitzende des Bayerischen Richtervereins Andrea Titz mehr als hundert Gäste im Künstlerhaus am Lenbachplatz begrüßen.

In der von Barbara Stockinger, Richterin am Oberlandesgericht und DRB-Präsidiumsmitglied, moderierten Diskussionsrunde wurde klar, dass das Vertrauen in die Justiz ohne eine Pflicht zur staatlichen Neutralität bei der Amtsausübung gefährdet würde. Vor dem Hintergrund einer zunehmend säkularen Gesellschaft in Deutschland könne die Neutralitätspflicht als Rechtfertigungsgrund für den Eingriff in die Religionsfreiheit akzeptiert werden. Die Richterin am Landgericht Deniz Temizel stellte heraus, dass jedes Symbol, das zur richterlichen Robe hinzutrete, geeignet sei, Fragen aufzuwerfen und gegebenenfalls Rechtfertigungspflichten zu erzeugen. Christian Walter, Inhaber des Lehrstuhls für Völkerrecht und Verwaltungsrecht an der LMU München,  machte allerdings ebenso deutlich, dass ein konsequentes Verbot religiös konnotierter Kleidung auf ein faktisches Berufsverbot für Frauen hinauslaufe, die sich aus religiöser Überzeugung gezwungen fühlten, in der Öffentlichkeit ein Kopftuch zu tragen.

Die Ausdehnung des Verbots auch auf ehrenamtliche Richter/innen wurde kontrovers diskutiert. Der Studienleiter Theologie und Gesellschaft der Evangelischen Akademie Tutzing Jochen Wagner vertrat die Auffassung, dass das Verbot auch für Richter aus dem Volk gelten müsse, wenn man das Recht stark machen wolle, worum es letztlich im Gerichtssaal gehe.

In der anschließenden Fragerunde im Plenum wurden noch einmal konträre Positionen deutlich; einerseits wurde vorgetragen, dass es keine Belege dafür gebe, dass aus dem Anschein einer Religionszugehörigkeit ungerechte Urteile folgten. Andererseits wurde argumentiert, dass die deutsche Gesellschaft aktuell damit überfordert sei, einer Richterin mit Kopftuch Vertrauen in ihre Neutralität entgegen zu bringen.